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Was wird nicht alles über die Gewinnung neuer Kolleginnen und Kollegen erzählt? Eine abgefahrene Recruiting-Seite, teure HR-Marketing-Kampagnen, jede Menge Benefits vom Pausen-Yoga bis zum Dienstfahrrad – angebliche Lösungen des Fachkräftemangels gibt es ohne Ende. Aber bringen diese immensen Aufwände in der Realität etwas? Darüber haben wir in unserer wöchentlichen Sendung „hsp live um 11“ mit Zach Davis gesprochen. Der Experte für Themen wie Wirksamkeit und Zeitmanagement ist Geschäftsführer des Kapazitäten-Dienstleisters Simple First Consulting. Mit hsp-Chef Paul Liese hat der gefragte Trainer, Redner und Autor über Märchen, Fakten und echte Lösungen gesprochen.

Seit 20 Jahren selbstständig, kam er durch Buchungen in den vergangenen Jahren immer stärker und häufiger mit der Steuerberatungsbranche in Kontakt. Da liegt es nahe, dass er sich mehr und mehr in die Themen vertiefte, die die Kanzleien beschäftigen. Das größte Problemfeld in den Kanzleien sieht Zach Davis beim Thema Kapazitäten, konkreter formuliert beim Engpass. Die Auftragslage sei nicht das Problem, sondern die Ressourcen, um hinterherzukommen. Um diese Herausforderung anzugehen, haben Steuerberatungen nur begrenzt viele Hebel in der Hand: Begrenzung von Mandaten, Steigerung der Effizienz und Aufstockung der Ressourcen.

Die Wahrheit ist, dass auch ein Experte mit jahrzehntelanger Erfahrung wie Zach keine neuen Steuerfachkräfte herzaubern kann. Im Talk soll es darum gehen, im Wettbewerb um aktuell vorhandene Fachkräfte die Nase vorn zu haben. Paul bezeichnet dies als Verdrängungswettbewerb, bei dem der Mangel nur von einer Kanzlei in die andere verlagert wird. Wird Zach als Berater in eine Kanzlei gerufen, stellt sich daher auch zunächst die Frage nach der Fluktuation. Konkret geht es um die vermeidbare Fluktuation, beispielsweise Kündigungen wegen Unzufriedenheit. Unvermeidbare Fluktuation wie Schwangerschaften, Krankheiten und Renteneintritt sind – wie der Name bereits sagt – nicht zu verhindern.

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Viele Kanzleien unterschätzen die Wichtigkeit der Karriere-Website

Theoretisch würde Zach so vorgehen, bei einem Neukunden zunächst an der Zufriedenheit innerhalb der Kanzlei und den Arbeitsbedingungen zu drehen. Erst danach würde er die Anwerbung neuer Kolleg:innen angehen. In der Praxis ist der Leidensdruck aber bereits so hoch, dass meist beide Schritte gleichzeitig angegangen werden müssen. Paul wirft ein, dass es keinen Sinn mache, ohne die Existenz einer Arbeitgebermarke nach neuen Mitarbeitenden zu suchen. Denn wenn jemand keine Story zu erzählen hat, was möchte er potenziellen Bewerber:innen erzählen? Zach stimmt zu und ergänzt, dass das bloße Nachkippen von Mitarbeitenden keine Lösung sei, solange hinten die Kündigungen anhalten. Andererseits gibt es aber auch Kanzleien ohne nennenswerte vermeidbare Fluktuation. Deren Personalengpass kommt meist von einer unzureichenden Mitarbeitergewinnung.

Zach Davis appelliert, viel Wert auf eine attraktive Karriere-Website zu legen. Konkret in Skalen bedeutet das, dass für Zach die Website an sich auf einer Skala von 1, unattraktiv, bis 10, perfekt, mindestens eine 7 erreichen sollte. In Worten ausgedrückt, die Website sollte ansprechend sein und nicht abschreckend. Sie muss aber auch nicht unbedingt eine 10 sein, denn meist kommen die Besucher:innen, um etwas Bestimmtes zu erfahren oder zu tun. Die Jobs- oder Karriereseite sollte allerdings eine 9 oder 10 sein, also nahezu perfekt. Denn hier entscheidet es sich, ob sich jemand bewirbt oder nicht. Lockt eine HR-Maßnahme viele Besucher:innen auf die Website, entscheidet sich erst hier, ob sich niemand bewirbt, 10 Prozent oder 40 Prozent. Die Wirksamkeit aller Maßnahmen entscheidet sich also am Ende zu einem Großteil auf der Karriere-Website.

Zufriedene Mitarbeitende sind die besten Testimonials

Aber was bedeutet für Zach eine 10? Natürlich müssen die Basics stimmen: Optisch ansprechend, modern, freundlich sollte die Seite aussehen. Was Zach eher ungern sieht, sind Stockfotos – oder menschenleere Seiten. Besser sind echte Mitarbeitende, die idealerweise auch noch zu Wort kommen. Da hilft es natürlich, dass der Arbeitgeber dafür sorgt, dass die Mitarbeitenden auch tatsächlich begeistert sind. Zufriedene Mitarbeitende geben wiederum überzeugende Testimonials ab, die durch nichts zu ersetzen sind.

Paul erzählt daraufhin, wie es bei der hsp läuft. Die einzelnen Abteilungen der hsp bieten jeweils ein Quiz für Bewerbende an. Absolviert die Person das Quiz erfolgreich, erhält sie einen Termin zum Bewerbungsgespräch. Die Methode funktioniert sehr gut. Beim Thema Einfachheit der Bewerbung empfiehlt Zach eine möglichst geringe Reibung. Das bedeutet, es sollte möglichst einfach sein, sich bei der Kanzlei zu bewerben. Denn Steuerkanzleien sind selten in der Situation, zu viele Bewerbungen zu erhalten. Dabei gibt es unterschiedliche Angebote seitens der Kanzleien. Einige bieten sogar an, dass Interessierte zu den Bürozeiten einfach vorbeikommen können.

Welche Recruiting-Maßnahmen funktionieren – und welche nicht

Welche Maßnahmen funktionieren beim Recruiting immer schlechter? Zach beginnt bei seiner Aufzählung mit den naheliegenden Werbemitteln, etwa Printanzeigen. Aber auch Online-Jobportale funktionieren immer weniger. Und in den vergangenen Monaten hat die Wirksamkeit von Social-Media-Kampagnen rapide nachgelassen. Die Gründe: Es gibt mehr Wettbewerb innerhalb der Social-Media-Plattformen, da immer mehr Firmen diese für sich entdeckt haben. Durch die Nachfrage ist auch der Preis gestiegen.

Und welche Maßnahmen funktionieren beim Recruiting gut? Zunächst einmal sollte das Netzwerk genutzt werden, also direkte und indirekte persönliche Kontakte. Dabei meint Zach Davis, dass die Kanzleileitung vorangeht, bestehende Kommunikationswege nutzt, sich das kommunikative Handwerkszeug aneignet und anwendet. Im zweiten Schritt können die Mitarbeitenden ins Boot geholt werden. Statt bezahlter Inhalte setzt Zach auf Content Marketing, wobei er den hohen Streuverlust anmerkt.