hsp Podcast Banner Button lieber hören

An der Kasse wurde in der Vergangenheit immer wieder getrickst und „vergessen“. Kein Wunder, dass die Vorgaben des Gesetzgebers immer härter und strenger wurden. Trotzdem agieren viele Betriebe noch nach eigenen Regeln, wenn es um die Eingaben von Umsätzen geht. Nicht die beste Idee, meinen Viktor Rebant und Gregor Danielmeyer bei „hsp live um 11“. Im Livestream geht es um vier kritischen Fehler bei der Kassenführung, die ehrenwerte Kaufleute vermeiden sollten. Die Fehler betreffen die Felder Nichteingabe, Beleg-Mitnahmepflicht (Italien), veraltetes Kassensystem und § 379 AO (Steuergefährdung). 

Viktor Rebant ist IKS-Spezialist bei der Innotax GmbH und zusätzlich Dozent der hsp Academy, primär zum Thema Internes Kontrollsystem. Sein Modul ist Bestandteil des Weiterbildungskurses Digitalisierungsberatung. Viktor berät häufig Unternehmen mit komplexen Kassensystemen und Warenwirtschaftssystemen. Heute bringt er seine Beraterperspektive ins Gespräch ein. Gregor Danielmeyer arbeitet als Sachbearbeiter für das Land Nordrhein-Westfalen und konnte bereits in einer Spezialreihe von „hsp live um 11“ tiefe Einblicke in die Zukunft der Betriebsprüfung geben. Er hat früher als Betriebsprüfer gearbeitet. Wie immer ist Gregor als Privatperson zu Gast und gibt ausschließlich seine Meinung und Sichtweise als Privatperson wieder. 

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Fehler 1: Nichteingabe

Gestartet wird mit einer klassischen Prüfungssituation. Nicht selten setzt sich der Betriebsprüfer zunächst als Gast in ein Restaurant und beobachtet die Vorgänge. Erkennt er einige Punkte, die verdächtig sind, wird es eng für das Lokal. Viktor gibt den Hinweis, dass Lokale, die mit einem elektronischen Bestellsystem arbeiten, Fehler erschweren, da die Bestellungen direkt am Tisch ins System gelangen. Wenn alles auf Zetteln stattfindet, und es wird etwas vergessen, handelt es sich so gut wie immer um Vorsatz. Hier wirft Gregor ein, dass hier nicht immer die Geschäftsführung mit böser Absicht handelt. Schon eine Servicekraft, die sich in der Kasse bedient und dies verschleiert, reicht völlig aus. 

Differenzen in der Kasse sind nicht ungewöhnlich, sollten am Ende des Tages aber sauber erfasst werden. Denn laut Gregor gibt es natürlich immer wieder Fälle, wo versehentlich zu viel oder zu wenig Geld ausgegeben wird, ohne dass jemand mit böser Absicht handelt. Fehlende Eingaben sind hier schlimmer zu bewerten als fehlende Stimmigkeit am Tagesende. 

Fehler 2: Beleg-Mitnahmepflicht (Italien) 

Als nächstes blendet Gregor einen Beleg aus Italien ein, den er selbst erhalten hat. Dabei geht es um einen Haarschnitt. Abgerechnet wurden laut Beleg 10 Euro, tatsächlich bezahlt hat Gregor aber 25. Es wurden also 10 Euro versteuert und die Bon-Mitnahmepflicht im Auge behalten, trotzdem wurde dreist getrickst und 15 Euro am Fiskus vorbei in die Tasche gesteckt. Das italienische System hält Gregor daher auch nicht für ideal. 

Viktor wirft allerdings ein, dass in Deutschland nur die Belegausgabepflicht besteht. Ohne Mitnahmepflicht wird bei den Unternehmen Frust erzeugt, wie das Beispiel mit den Bäckereien Anfang 2020 gezeigt hat. Durch eine Mitnahmepflicht wird die Kundschaft für das Thema Belege sensibilisiert. Seiner Meinung nach hätte es auch in Deutschland eine Bonmitnahmepflicht gebraucht. Diese hätte auch als Innovationstreiber fungiert, da sich Anbieter gefunden hätten, die daraus digitale Lösungen mit Mehrwerten entwickelt hätten. Durch die Ausgabepflicht konzentriert sich alle Entwicklung bei den Unternehmen, was zu unzähligen Insellösungen führt statt zu einer gemeinsamen Innovation. 

Fehler 3: veraltetes Kassensystem

Gregor Danielmeyer legt als Beispiel für ein veraltetes Kassensystem zwei Bons vor. Er hatte sich in einer Bäckerei an einem Tag ein belegtes Brötchen, am nächsten Tag eine Laugenstange gekauft. Trotzdem bekam er zwei Bons, beide über einen Artikel der Warengruppe 001. Innerhalb der Warengruppe existieren aber unterschiedliche Preise, genaue Warenbezeichnungen fehlen. Dabei besteht die gesetzliche Einzelaufzeichnungspflicht bereits seit 2017. 

Auf den Bons müsste also genau stehen, was verkauft wurde – beim Brötchen sogar das, was drauf war. Als wäre das nicht schon problematisch genug, fehlen auch noch die steuerlichen Informationen. Und ob der Verzehr im oder außer Haus stattgefunden hat, geht aus den Belegen auch nicht hervor. Bedeutet in der Folge, dass seit 2017 jedes Jahr die Kassenführung falsch ist. Dadurch, dass überhaupt nicht mehr nachvollzogen werden kann, was wann verkauft wurde, läuft so ein Umstand auf eine Schätzung hinaus. 

Bei einem offenen System wie beim Bierverkauf im Stadion sollte eine Methode gefunden werden, die Verkäufe nachvollziehbar aufzuzeichnen. Große Bundesligisten arbeiten mit digitalen Möglichkeiten, beim Sonntagskick in der Verbandsliga könnte festgehalten werden, wie viele Fässer verkauft wurden. Viktor betont, dass es zwar eine Unzumutbarkeitsklausel gibt. Allerdings kommt diese kaum noch zum Einsatz, da heute fast nie eine Unzumutbarkeit vorliegt. Dies liegt am technologischen Fortschritt, so dass die Hilfsmittel für eine genaue Aufzeichnung immer einfacher und günstiger geworden sind. 

Bei allen Bons fehlt übrigens auch der TSE-QR-Code. Zwar gibt es die Einschränkung, dass bei einem fehlenden bestellten Code die Pflicht ausgesetzt ist. Allerdings wird es schwierig, die Bestellung zu belegen, wenn diese nicht dokumentiert wurde. Entsprechend wichtig ist eine saubere, lückenlose Dokumentation.  

Aktive Beratung schützt

Viktor berichtet davon, dass er auf seine Mandanten zugegangen ist, um sie auf die Aktualisierung ihrer Kassensysteme aufmerksam zu machen. Paul fragt ihn, ob er nur der Informationspflicht nachgekommen ist oder auch kontrolliert hat, ob die angesprochenen Dinge umgesetzt wurden. Viktor kann die Frage nicht hundertprozentig beantworten, da er nicht vor Ort bei den Mandanten ist. Allerdings wurden regelmäßig Informationen zum Thema herausgegeben, so dass die Mandanten nicht an der Kassenthematik vorbeikommen konnten. 

Am Ende des Tages sind die Unternehmen selbst verantwortlich. Hier kann Viktor nur betonen, dass Berater:innen, die sich auf bestimmte Mandanten mit Kassen spezialisiert haben, aktiv sein können. Machen diese Mandanten nur 1 % aller Mandanten aus, wird die Steuerberatung nicht ständig hinterherlaufen und prüfen, ob die Kasse aktuell ist. Spezialisierte Kanzleien können den besseren Service bieten, meint Viktor. 

Fehler 4: § 379 AO (Steuergefährdung)

Der § 379 AO gibt der Finanzverwaltung eine radikale Waffe in die Hand, um bei Verdacht einer Steuerhinterziehung mit drastischen Geldbußen von bis zu 25.000 Euro durchzugreifen. Fehlerhafte Kassensysteme reichen schon aus, um massive Probleme zu bekommen. Die Betriebsprüfung muss sich nicht einmal die Belege ansehen, um tätig zu werden. Daher ist Viktor bei dem Thema auch sehr direkt gegenüber den Mandanten. 

Paul bringt das Beispiel eines großen Restaurants mit vielen Mitarbeitenden. Ab einer gewissen Größenordnung kann die Unternehmensführung nicht mehr auf jeden Beleg schauen und überprüfen, ob die Abrechnungen stimmen. Hier ist ein Tax Compliance Management System notwendig, das der Belegschaft klare Handlungsanweisungen vorgibt. Mit einem TCMS umgeht ein Unternehmen bereits dem Vorwurf des Vorsatzes. Abgesehen davon, dass auch einfache menschliche Fehler vermieden werden. 

Der Fehler an dieser Stelle lautet: Viele Unternehmen und auch Berater:innen ignorieren den § 379 AO. Spätestens wenn die erste drastische Bußgeldzahlung ansteht, merken die Betroffenen, dass es ein teurer Fehler war. 

Neues E-Learning zur Betriebsprüfung Ganz frisch hat Gregor Danielmeyer ein E-Learning zum Thema Digitalisierung der Betriebsprüfung aufgenommen. Ein sehr spannendes Zukunftsthema, auf das sich Unternehmen und Beratungen heute vorbereiten sollten. 

Nächste Woche kommen wieder frische Updates aus dem hsp-Hauptquartier im September-Update.