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Am 14. Juli 2021 hat die Finanzverwaltung neue Grundsätze zu Verrechnungspreisen veröffentlicht – und damit viele Vorschriften für die Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation erstmals Schwarz auf Weiß festgehalten. In der aktuellen Folge von „hsp live um 11“ nehmen Paul Liese und sein Gast Tobias Polka (ADKL) die neuen Grundsätze unter die Lupe. Was genau ändert sich, welche Konsequenzen sind für beratende Kanzleien und ihre Mandanten zu erwarten?

Es gibt zwei Gründe dafür, dass die Finanzverwaltung plötzlich übermäßig aktiv wird. Zum einen gibt es internationalen Druck. Zum anderen versucht die deutsche Finanzverwaltung, im internationalen Vergleich mitzuhalten und ihr Gebiet abzustecken. Paul fragt, ob Unternehmen damit gut fahren, jetzt eine Verrechnungspreisdokumentation für die nächsten drei Jahre zu erstellen – oder sollte man nicht jedes Jahr eine Dokumentation schreiben?

Darauf antwortet Tobias, dass das Thema Verrechnungspreise das durchsetzungsstärkste der Finanzverwaltung ist. Daher müsse man als Unternehmen extrem aufpassen. Es beginnt bereits bei einer internationalen Preissetzung. Schon hier möchte die Finanzverwaltung eingreifen und die Beweggründe für die Preissetzung nachvollziehen können. Wenn jemand nach Jahren eine Verrechnungspreisdokumentation in Auftrag gibt, versucht Tobias aus Beratersicht lediglich, das Kind zu retten, das bereits in den Brunnen gefallen ist. Bedeutet: Entscheidungen sollten beim Treffen bereits dokumentiert werden – und nicht Jahre später.

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Sofort dokumentieren statt warten

Bisher sind Unternehmen eine Verrechnungspreisdokumentation angegangen, wenn eine angefordert wurde. Das geht in Zukunft nicht mehr, so Tobias. Mit Preisen können Einheiten gelenkt und beeinflusst werden. Beispielsweise können Preise Erfolg oder Misserfolg eines Vertriebs beeinflussen. Hier nennt Tobias den beliebten taktischen Trick, dass Menschen in leitenden Funktionen gerne irgendwelche kalkulatorischen Kosten mit einpreisen, damit der Vertrieb nicht zu günstig verkauft.

Die OECD aber sagt, dass die Kosten und Einnahmen entlang der Wertschöpfungskette nach den tatsächlich übernommenen Funktionen und Risiken verteilt werden müssen. Durch das Aufstellen interner Richtlinien können Prozesse und auch die Dokumentation beschleunigt werden. Wenn beispielsweise fürs Marketing bestimmte Kosten festgelegt werden, muss nur noch dokumentiert werden, wenn davon abgewichen wird.

Wichtige Änderungen in Details

In den neuen Richtlinien des BMF steht, die Vergleichbarkeitsanalyse und damit die Frage, ob der Preis fremdüblich vereinbart ist oder nicht, beziehe sich nicht auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts, sondern der Vereinbarung. Daher ist eine VPD wichtig, um nachzuweisen, dass die Vereinbarung mit den Informationen getroffen wurde, wie sie zu diesem Zeitpunkt verfügbar waren.

Da kein Datum im BMF-Schreiben angegeben ist, gelten die Grundsätze ab sofort. Dies gilt auch für alle Fälle, die aktuell offen sind. Wer aktuell eine Verrechnungspreisdokumentation schreibt, sollte den Inhalt des Schreibens anwenden, egal, welche Jahre dokumentiert werden. Durch die aktuellen Grundsätze fallen die bisherigen Grundsätze ersatzlos weg, beispielsweise die von 1983 oder von 2005. Andere Grundsätze bleiben explizit erhalten, zum Beispiel das BMF-Schreiben zur Mitarbeiterentsendung, insbesondere zur Funktionsverlagerung, oder das BMF-Schreiben zu Schieds- und Verständigungsverfahren, das essenziell ist zur Vermeidung von Doppelbesteuerung.

Vorgaben der OECD werden umgesetzt

Außerdem sagt das aktuelle Schreiben: In Deutschland gelten die OECD-Verrechnungspreisleitlinien analog. Bedeutet, dass die Leitlinien, die die OECD und die Länder festgelegt haben, sollen jetzt auch endlich in Deutschland gelten. Das bedeutet, dass in Zukunft die Verrechnungspreisdokumentation, die in Deutschland erstellt wurden, auch international verstanden werden – vorausgesetzt, die Übersetzung stimmt.

Die Finanzverwaltung möchte dort Gewinne allokieren, wo die Kosten entstehen. Daneben hat die Finanzverwaltung ausgeführt, wie eine Korrektur stattfinden kann, wenn keine fremdüblichen Preise vereinbart wurden. Da konkurrieren verschiedene Korrekturnormen. Hier geht die verdeckte Gewinnausschüttung immer dem § 1a EStG vor. Nur wenn ein Sachverhalt nicht in eine verdeckte Gewinnausschüttung subsummierbar ist, greift der § 1a EStG. An der Stelle wird ein wenig von den OECD-Guidelines abgewichen.

Hybride sind Vergangenheit

Eine weitere wichtige Änderung betrifft die bisherige Unterscheidung von Unternehmen. Hier definierte das BMF drei Arten: den Strategieträger, das Routineunternehmen und das Hybridunternehmen, das eine Mischung aus den ersten beiden Arten darstellte. Die OECD-Guidelines kennen Hybride nicht, und dieser vereinfachten Definition folgt jetzt das BMF-Schreiben. Jetzt kann nur noch zwischen Strategieträger und Routineunternehmen unterschieden werden. Dies wirft nun die Frage auf, wie mit Hybridunternehmen zu verfahren ist.

Darüber hinaus wird die Funktions- und Risikoanalyse erweitert. Früher gab es eine Checkliste, auf der Steuerpflichtige angekreuzt haben, welche Funktionen sie übernehmen. In den letzten zwei, drei Jahren wurde dies bei Betriebsprüfungen immer stärker hinterfragt. Jetzt muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass für die Funktionen ausreichend Personal vorhanden ist – inklusive einer konkreten Personalliste. Dies geht sogar so weit, dass Ausbildungsnachweise angefordert wurden, die belegen, dass die Personen die zugewiesenen Funktionen tatsächlich auch fachlich ausüben können.

Sorgfalt ist Trumpf

Wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt, wird nie über Preise gestritten, sondern immer über formale Fehler. Zahlen sind laut Tobias nie kritisch, sondern Dinge wie die Wahl der richtigen Methode, die korrekte Darstellung der Wertschöpfungskette – oder die angemessene Reaktion auf den Sachverhalt. Verrechnungspreise sind nichts, was nebenbei erledigt werden sollte. Schließlich birgt das Thema das größte Risiko in der Betriebsprüfung, so Tobias. Nimmt man Verrechnungspreise aber ernst, gibt man bei der Initiierung von Geschäftsvorfällen der Frage nach der Dokumentation und der Preisgestaltung mehr Raum.

Nächste Woche zu Gast ist Stefan Groß von der Münchner Kanzlei Peters, Schönberger & Partner (PSP). Der Steuerberater gehört zu den absoluten GoBD-Koryphäen in Deutschland. Im Livestream geht es um nichts Geringeres als die Zukunft der Steuerberatung.