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Beim Dokumentieren von Verrechnungspreisen gibt es einige Fallstricke zu beachten. Der erfahrene digitale Steuerberater Christian Schoppe ist Experte für Verrechnungspreise und internationales Steuerrecht. Bei Paul Liese spricht er über die Dinge, die gerade Einsteiger:innen beim Thema Verrechnungspreisdokumentation und Transferpricing besonders beachten sollten. Außerdem wird die Frage geklärt, wie eine taxonomiebasierte Erstellung und fachliche Führung bei einer Verrechnungspreisdokumentation helfen kann. Erfahrungen aus Betriebsprüfungen kommen ebenfalls zur Sprache.

Christian ist Steuerberater und bezeichnet das Thema Verrechnungspreise als sein Hobby. Besonders spannend findet er daran, dass im Steuerrecht meist zwischen richtig und falsch entschieden werden kann. Doch bei den Verrechnungspreisen existiert eine Bandbreite und die Themen lösen sich über die Beweislast. „Eigentlich wäre ich Romanschriftsteller, aber das ist mir zu schlecht bezahlt“, lässt Christian schmunzelnd wissen.

Bereits die erste Frage zielt in die Richtung ab, wann Unternehmer ihre Verrechnungspreisdokumentation schreiben sollten. Laut Christian schreiben die meisten ihre Doku, wenn die Betriebsprüfung vor der Tür steht. „Was nicht schlau ist“, kommentiert Christian. In den USA muss das Unternehmen jährlich eine Verrechnungspreisdokumentation vorliegen haben. Gehört ein deutsches Unternehmen also zu einem US-Unternehmen, kann es sich dem nicht entziehen. Der durchschnittliche deutsche Mittelständler aber lässt sich eher Zeit.

Dranbleiben statt hinterherlaufen

Es empfiehlt sich, die Dokumentation kontinuierlich aktuell zu halten. Dafür gibt es mehrere Gründe:

  • Die Daten sind immer aktuell, das bedeutet weniger Stress beim Empfang der Prüfungsanordnung
  • Die benötigten Daten sind verfügbar
  • Bei einer nachträglichen Dokumentation könnten wichtige Personen nicht mehr erreichbar sein

Ein Do lautet also eindeutig: Verrechnungspreisdokumentation sofort erstellen und aktuell halten.

Nächstes Szenario: Ein Mensch arbeitet in einer Steuerkanzlei und bekommt das Thema Verrechnungspreise auf den Tisch. Wie sieht die optimale Vorbereitung bzw. der beste Einstieg in das Themenfeld aus? Vom Lernen durch Lesen hält Christian Schoppe relativ wenig. Er ist der festen Überzeugung, dass man in erster Linie Erfahrung sammeln muss – und zwar durch echte Projekte. Dazu empfiehlt er den Sprung ins kalte Wasser. Und wenn Hilfe notwendig ist, solle man sich diese holen.

Wenn schon Literatur in die Hand genommen werden soll, empfiehlt Christian, bei den Gesetzen und den Verwaltungsgrundsätzen zu beginnen, beim §1 AStG, bei Skripten zu Grundlagen der Verrechnungspreise, Case Studies usw. Allerdings warnt er auch, dass allzu praxisferne Literatur eher demotivierend wirkt.

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Weitere Informationen

Auch die Beratung muss mitziehen

Aber was ist überhaupt der Grund, dass es lange Zeit so ruhig um das Thema war – und plötzlich in kurzer Abfolge neue Verwaltungsgrundsätze verschickt werden? Zum einen habe sich die Zuständigkeit im BMF geändert, so Christian. Und zum anderen drehe sich die Welt weiter. Trotzdem sagt er auch, dass hier keine völlig neuen Vorgaben aus dem Nichts aufgetaucht sind. Vieles, was jetzt zum ersten Mal niedergeschrieben und festgehalten wurde, wird bereits seit Jahren gelebt.

Wer also loslegen will, sollte sich die Grundsätze von 2020 und von 2021 schnappen. Den §1 AStG empfiehlt Christian deshalb, da er in sehr ausführlicher Art wichtige Themen enthält. Darüber hinaus spräche nichts dagegen, sich die OECD-Richtlinien anzuschauen, nach der die aktuellen Verwaltungsgrundsätze gestaltet wurden. „Reinstürzen und sich jemanden suchen, der einem dabei ein bisschen helfen kann“, beschreibt Christian den richtigen Einstieg. Beim Sammeln von Informationen geht es nicht selten darum, den Überblick zu behalten und sich nicht überfordern zu lassen. Die Kernfrage darf nicht aus den Augen verloren werden: Warum glaubt der:die Steuerpflichtige, dass die Verrechnungspreise richtig sind?

Hier gibt er den Tipp, am Anfang die Transaktionen aufzulisten und zu fragen, wie diese bepreist wurden und wieso der Mandant glaubt, dass diese richtig sind. Ganz einfaches Beispiel: Darlehen mit einem Zinssatz von 2 % – warum 2 %? Nicht zu viel schreiben, stattdessen die Themen behandeln, die auch bei der Prüfung relevant sind. Deshalb eignet sich eine Software besonders gut, wenn diese die Person vor dem Bildschirm Schritt für Schritt durch die Dokumentation führt. So kann schlichtweg nichts vergessen werden.

Viel hilft nicht immer viel

Es kann sogar ein einzelnes Blatt mehr aussagen als 100 Seiten, wenn dort die relevanten Informationen stehen. Wie kommen die Preise zustande? Das könnten viele Betriebe schnell beantworten. Und es kann schnell nachvollzogen werden, ob alles Sinn ergibt. Anfänger:innen denken oft, die Preisvergleichsmethode sei gut.

Beispiel: Ein Mittelständler mit 30 Tochterunternehmen legt fest, dass er ein einheitliches Verrechnungspreismodell fährt und alle den gleichen Preis zahlen. Ein fremder Dritter, die eigene Tochtergesellschaft, alle zahlen das Gleiche. Dann allerdings wächst man und es treten Ergebnisverwerfungen auf. Der Grund: Unterschiedliche Fälle werden gleich bepreist, und schon gerät das Modell in eine Schieflage. Christians Hinweis: Die Preisvergleichsmethode funktioniert insbesondere bei Warenlieferungen nicht besonders gut. Dagegen eignet sie sich sehr gut bei Finanztransaktionen.

Prüfungserfahrungen helfen weiter

Christian betont, dass Prüfungserfahrung bei der Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen hilft. Denn einige Themen wiederholen sich in den Prüfungen, so dass man mit der Zeit weiß, welche Themen besonders prüfungsrelevant sind. Ein beliebtes Thema ist beispielsweise die Konzernmarke. Ein Konzern hat in Deutschland eine Marke registriert und der Prüfer sagt, dass diese an die ausländischen Konzerngesellschaften verrechnet werden müssen. Oder Auslandsgesellschaften, die besonders profitabel sind.

Besonders gefährlich wird es, wenn sich Unternehmen zu sicher fühlen, weil sie bereits mehrfach problemlos mit einer halbherzigen Dokumentation durch eine Prüfung gekommen sind. Es sei schon häufig vorgekommen, dass der alte Betriebsprüfer in Rente geht – und plötzlich steht da der hochmotivierte junge Nachfolger vor der Tür. Der stellt erst einmal alles auf den Kopf. Und das Unternehmen wackelt, weil plötzlich zweistellige Millionenbeträge als Anpassung im Raum stehen.

Im Zweifel gegen den Angeklagten

Ein weiterer extrem wichtiger Grund, eine aktuelle Verrechnungspreisdokumentation bereitzuhalten: Die Dokumentation dreht die Beweislast um. Bei einer fehlenden verwertbaren Dokumentation kann die Betriebsprüfung zu Lasten der Steuerpflichtigen schätzen. Christian macht aber auch klar, dass es überhaupt keinen vernünftigen Grund gibt, keine Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen. Schließlich erwartet niemand ein riesiges Werk, sondern einfach nur Antworten auf einige wichtige Fragen.

Aus Unternehmenssicht ist es nicht nur wegen der nächsten Betriebsprüfung sinnvoll, eine Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen. Auch aus Sicht des Tax Compliance gibt es dem Unternehmen eine gewisse Sicherheit. Unterm Strich muss das Unternehmen nur Angst haben, wenn es überhaupt nichts macht.

In der nächsten Folge von „hsp live um 11“ begrüßen wir Angela Hamatschek, Kanzleiberaterin, zum Thema: „Wenn der Mandant nicht will: überreden, zwingen, aufgeben?“ Wo endet die Pflicht der Beratungsseite?