Die Reform der Grundsteuer betrifft jede:n Bürger:in – egal ob es sich um Eigentümer:in oder Mieter:in handelt. Und Fakt ist auch, dass die Neubewertung der rund 35 Millionen Grundstücke zu einer echten Herkulesaufgabe werden wird. Eine solch gewaltige Reform kommt selten, doch nach einem eindeutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes muss sich ganz Deutschland mit der Grundsteuerwertermittlung beschäftigen. Doch worum geht es genau bei der großen Grundsteuerreform?

Die Zeit drängt, denn noch muss vieles vorbereitet werden. Am 1. Januar 2025 soll die neue Regelung zur Grundsteuer in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2018 entschieden, dass die bisherige Berechnung der Einheitswerte für Grundstücke und Häuser, auf der die Jahresgrundsteuer beruht, in Westdeutschland verfassungswidrig ist. Das oberste Gericht der Bundesrepublik verpflichtete den Gesetzgeber, die Grundsteuer zu reformieren. Bundestag und Bundesrat haben im Herbst 2019 die Reform schließlich beschlossen: Künftig soll sich die Steuer am Wert des Grundstücks und der Immobilien orientieren – so sieht es das Bundesmodell vor. Eine Öffnungsklausel ermöglicht es den Ländern aber, eigene Wege zu gehen.

Die Regelungen zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den ehemals westdeutschen Bundesländern sind nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 jedenfalls seit Beginn 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, die nicht ausreichend gerechtfertigt sind. Das Bundesverfassungsgericht musste nur zur Bewertung in den ehemals westdeutschen Bundesländern entscheiden. Die Urteilsgründe gelten aber erst recht für das Beitrittsgebiet, da hier auf den 1. Januar 1935 abgestellt wird.

Der Zeitplan steht

Der Stichtag der neuen Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte ist der 1. Januar 2022. Für die Ermittlung der Grundsteuerwerte werden die Eigentümer:innen im Kalenderjahr 2022 zur Abgabe von entsprechenden Steuererklärungen aufgefordert. Die Abgabefrist endet am 31. Oktober 2022.

Für die Festsetzung und Erhebung der Steuer sind die Kommunen zuständig. Die auf Grundlage der Grundsteuerwerte festzusetzenden Grundsteuermessbeträge werden den Kommunen bis Mitte 2024 von den Finanzämtern zur Verfügung gestellt. Ab dem Kalenderjahr 2025 verwenden die Kommunen erstmals die auf der Basis der neuen Grundsteuerwerte beruhenden Steuermessbeträge und setzen die zu zahlende Steuer fest. Bis dahin sind die Einheitswerte weiterhin für die Festsetzung von Grundsteuermessbeträgen und Grundsteuer maßgeblich.

Wie wurde bisher die Grundsteuer berechnet?

Bisher berechnete sich die Grundsteuer in einem mehrstufigen Verfahren. Bindende Grundlage war der Einheitswert, den die Finanzämter für das jeweilige Grundstück gesondert feststellten. Der Einheitswert wurde mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl multipliziert. Auf den so berechneten Steuermessbetrag wendete die Gemeinde, in deren Bereich das Grundstück lag, ihren Hebesatz an.

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Wie unterscheidet sich die künftige Besteuerung von der bisherigen?

Es ändert sich eigentlich gar nicht so viel. Denn auch das neue System orientiert sich am Grundstückswert, an der Grundsteuermesszahl und dem Hebesatz der Gemeinden. Anders als bisher hängt der Grundstückswert jedoch vom Bodenrichtwert und einer statistisch ermittelten Nettokaltmiete ab, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden. Die Fläche des Grundstücks, die Art des Gebäudes (privat oder betrieblich) und dessen Alter spielen ebenfalls eine Rolle.

Bundes- oder Ländermodell

Die Grundsteuerreform enthält eine Öffnungsklausel. Das heißt, jedes Bundesland kann für sich entscheiden, ob es sich an die Vorgaben des Bundes hält oder eigene Wege geht. Sieben Bundesländer haben bereits Abweichungen angekündigt. Das Bundesmodell kommt in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen zum Einsatz. Die Grundsteuer ermittelt sich hier aus Gemeinde-Angabe, Hebesatz, Mietniveaustufe, Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Grundstücksart, Baujahr, Wohnfläche und der Anzahl der Garagenplätze. Sachsen und Saarland haben sich für ein modifiziertes Bundesmodell mit abweichenden Steuermesszahlen entschieden.

Baden-Württemberg setzt ein modifiziertes Bodenwertmodell um. Dabei kommt es nur auf zwei Werte an: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Bayern hat die Öffnungsklausel genutzt und sich für ein „reines Flächenmodell“ entschieden. Hamburg realisiert sein Grundsteuermodell, das sogenannte „Wohnlagenmodell“, in Zusammenarbeit mit Bayern. Im Gegensatz zu Bayern wirkt sich in Hamburg die Wohnlage auf die Höhe der Grundsteuer aus. Hessen hat sich für das sogenannte Flächen-Faktor-Verfahren entschieden. Ausgangsbasis für die Bewertung von Gebäude- und Grundstücksflächen ist das bayerische Flächenmodell, das aber noch durch einen lagebezogenen Faktor ergänzt wird. Niedersachsen hat ein eigenes Grundsteuergesetz mit einem Flächen-Lage-Modell erlassen. Es ähnelt sehr dem hessischen Modell, ist allerdings nicht identisch.

Gerechter, aber mit viel Bürokratie

Die Grundsteuerreform soll für mehr Gerechtigkeit bei der Ergebung der Grundsteuer sorgen. Durch die Öffnungsklausel werden jedoch künftig viele unterschiedliche Berechnungsmodelle existieren. Entsprechend wird bei der Umsetzung der Reform die fachliche Unterstützung durch Steuerberatungen eine tragende Rolle spielen.