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Kanzleien, die effizienter arbeiten möchten, tun gut daran, ihre Daten zu digitalisieren und bestimmte Prozesse zu automatisieren. Doch für welche Prozesse bietet sich eine Automatisierung überhaupt an? Wie wichtig ist hierfür eine Prozessdokumentation? Und ist es sinnvoll, eine Robotic Process Automation (RPA) zu nutzen?

Im letzten Freitagstalk „hsp live um 11“ gingen hsp-Geschäftsführer Paul Liese und sein Gast Sebastian Mertens, Co-Founder von wemakefuture, diesen Fragen nach. Sebastian Mertens hat sich mit seinem Unternehmen auf die Prozessautomatisierung spezialisiert und ist Experte in den Bereichen Automatisierung, Robotic Process Automation (RPA) und Application Programming Interface (API).

Vor der Gründung seines Unternehmens hat er viele Bots programmiert und sagt heute deutlich: „Bots sind dumm.“ Denn eine RPA ist im Grunde nichts weiter als ein „Klick-Muster auf der Bildschirmoberfläche mit ein bisschen Keyboard-Eingabe“. Ein starres System also, das vorgegebenen Mustern folgt und jedes Mal neu programmiert werden muss, wenn sich in der Anwendung etwas ändert. Der wirklichen Welt und dem Lebensalltag der Nutzer:innen werden solche Softwareroboter aber nicht gerecht. Steuerberater:innen haben zum Beispiel verschiedene Mandate, die nicht nach dem immer gleichen Muster betreut werden können.

Programmierschnittstellen machen RPA überflüssig

Cloud-First-Strategien und API-Ansätze in der Softwareentwicklung machen die RPA überflüssig. Denn dank der API lassen sich Systeme über eine Schnittstelle verbinden und können so miteinander interagieren. Der Klassiker sind Kontaktformulare auf Websites, die auch viele Steuerberater:innen nutzen. Üblicherweise geben Interessierte ihre Daten ins Kontaktformular ein, diese kommen dann per Mail in die Kanzlei und müssen per Hand ins Customer-Relationship-Management (CRM), zum Beispiel Salesforce, übertragen werden. Wird hier aber eine Schnittstelle geschaffen, werden die eingegeben Daten aus dem Kontaktformular direkt und fehlerfrei ins CRM übertragen. Das spart wertvolle Arbeitszeit und verbessert die Datenqualität.

Im nächsten Schritt kann die Kontaktanfrage bzw. der Lead in den Sales Funnel übertragen werden. Anfragesteller:innen erhalten dann automatisch eine Mail mit dem passenden Thema, vielleicht auch bereits mit ersten Infos und werden so direkt abgeholt. Weitere Systeme wie Newsletter können ebenfalls verknüpft und die Interessent:innen für den Newsletter eingetragen werden. Das alles steigert in Steuerberaterkanzleien die Gewinnung von Mandaten – ein großer Mehrwert.

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Daten synchronisieren, Kunden binden

Auch Cloud-Buchhaltungssysteme können per API an das CRM angebunden und die Daten so synchron gehalten werden. Wichtig hierbei: Vorab muss das primäre Systeme definiert werden. Ist das CRM das Mastersystem und ändern sich hier Daten, schlagen die Änderungen direkt auf die angebundenen Programme durch – Finanzbuchhaltung, Warenwirtschaft, Ticketsystem.

Gibt es eine Schnittstelle zum Ticketsystem, hat dies auch den Vorteil, dass Mandant:innen, die in der Kanzlei anrufen, am Telefon direkt mit Namen angesprochen werden können: Die Telefonnummer ist ja im CRM hinterlegt. Das hinterlässt einen guten Eindruck und steigert die Kundenbindung.

Großer Mehrwert für Steuerberatungskanzleien

Der Mehrwert für Steuerkanzleien liegt also zum einen in der Zeitersparnis, da Daten nicht mehr händisch übertragen werden müssen; zum anderen steht die Gewinnung und Bindung von Mandant:innen im Fokus. Weiterer Vorteil: Automatisierte Prozesse laufen stabil, da sie dem immer gleichen Muster folgen. Egal wer in der Kanzlei die Aufgabe übernimmt, die konstante Erfüllung ist gewährleistet. Das erhöht die Sicherheit und steigert die Qualität der Daten und Prozesse. Zusätzlich lassen sich die Duplizierung von Daten vermeiden und Prozesse straffen.

Auch der finanzielle Aspekt ist nicht zu vernachlässigen: Zum einen wird wertvolle Arbeitszeit und somit unmittelbar auch Geld eingespart. Mitarbeiter:innen können zum anderen aber auch dort eingesetzt werden, wo die Wertschöpfung stattfindet – eben nicht im händischen Übertragen von Daten, sondern in der Betreuung von Mandant:innen.

Grundlage: Saubere Digitalisierung und Prozessdokumentation

Doch welche Schritte sind bei der Prozessautomatisierung zu befolgen? Zunächst muss die Grundlage geschaffen werden, und die besteht aus einer sauberen Digitalisierung der Daten und Prozesse und einer Software, die eine API hat. „Ohne API geht es nicht“, betont Sebastian Mertens. „Denn die RPA ist einfach zu starr und produziert Bot-Kosten in sechsstelliger Höhe.“

Ist die Grundlage gegeben, müssen die eigenen Prozesse klar definiert werden. Hierbei ist die Prozessdokumentation eine wesentliche Stütze. Sie entsteht während einer Verfahrensdokumentation, ist im Grunde aber der viel wesentlichere Teil und bringt für Steuerberater:innen und ihre Mandant:innen wesentliche Mehrwerte.

Sind die Prozesse definiert, lassen sich nun recht einfach diejenigen finden, die automatisiert werden können. Voraussetzung hierfür: Sie kommen regelmäßig vor und sind standardisiert. Die Steuerklärung zum Beispiel bietet sich nicht unbedingt an, da sie zwar regelmäßig vorkommt, aber nicht immer gleich abläuft. Der Klassiker bei Prozessautomatisierung sind Kontaktformulare, in Kanzleien bietet sich aber auch der Datenaustausch mit Mandant:innen an. Per GetMyInvoices zum Beispiel können Rechnungen automatisch aus den entsprechenden Portalen abgeholt und für die Verfahrensdokumentation in die Opti.Tax Cloud abgelegt werden.

Automatisiertes Übersetzen: DeepL im nächsten Opti.Tax-Release

Auch das Übersetzen einzelner Berichte ist mittlerweile automatisiert möglich. Dank künstlicher Intelligenzen für Sprache wie DeepL können Kundenanfragen in sämtliche Sprachen übersetzt werden. Kommt beispielsweise eine Anfrage in einer Sprache rein, die derjenige, der sie beantworten soll, nicht spricht, lässt sie sich in Sekundenschnelle und völlig automatisiert in dessen Sprache übersetzen. Die Frage wird beantwortet und wiederum für den Fragensteller übersetzt. Im nächsten Opti.Tax-Release ist DeepL übrigens auch integriert. Berichte müssen dann nicht mehr umständlich und langwierig übersetzt werden – ein Klick genügt.

Microsoft Office 365 per API an andere Tools anzubinden, klappt derzeit leider noch nicht in Gänze. „Aber das ist nur eine Frage der Zeit“, weiß Sebastian Mertens. Outlook oder SharePoint sind einfach zu verbreitet und zu wichtig. Entwickler wie Sebastian Mertens nehmen sich dieser Herausforderung deshalb an.

Fazit

In Steuerberaterkanzleien gibt es einige Prozesse, die automatisiert werden können. Vorab müssen Steuerberater:innen aber Klarheit über ihre Prozesse schaffen. Sind wiederkehrende Prozesse gefunden, die standardisiert sind und derzeit noch händisch betrieben werden, steht einer Automatisierung kaum etwas im Wege. Der Mehrwert für Kanzleien ist groß: Zeitersparnis, effizientere Arbeitsweise, gesteigerte Qualität von Daten und Prozessen, Bindung von Mandant:innen sowie eine höhere Wertschöpfung. Automatisierung lohnt sich!