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Geopolitische Entwicklungen sind nur einer der Gründe, weshalb sich die gesetzlichen Vorgaben fürs Transfer Pricing immer wieder ändern. Im Gespräch mit hsp-Chef Paul Liese erzählt Tobias Polka, u. a. Experte für Verrechnungspreise bei der ADKL (Düsseldorf), über aktuelle Änderungen und deren Gründe.

In den vergangenen 20 Jahren gab es bereits verstärkte Kämpfe um Steuersubstrate – sowohl weltweit als auch innerhalb der EU. Prominente Beispiele sind Unternehmen wie Starbucks und Apple, die in Irland ihre Steuern gezahlt haben, doch aus Sicht anderer Staaten zu geringe. Weltweit betrachtet wird das Ganze ein ganzes Stück komplexer. Bereits vor zehn Jahren haben sich die BRICS-Staaten zusammengetan und ein „United Nations Practical Manual on Transfer Pricing for Developing Countries“ veröffentlicht. Die OECD-Regeln, denen die deutsche Gesetzgebung folgt, stehen dem ein Stück weit entgegen. Aus diesem Grund wächst die Sorge vor Doppelbesteuerungen. Anlass dazu bieten die zunehmende Abschottung von Staaten, neue Blockbildungen und die dadurch steigende Zahl von Regelungen.

Paul hat in den letzten Wochen immer wieder von Unternehmen gehört, die ganz aktuell ihre erste Verrechnungspreisdokumentation erstellen müssen. Dass die Unternehmen mit der Erstellung nicht bis zur nächsten Betriebsprüfung warten sollten, haben Paul und Tobias in den vergangenen Jahren immer wieder betont. Wie es geht und wie eine Dokumentation aktuell gehalten wird, können Interessierte im entsprechenden E-Learning-Kurs in der hsp.community erlernen. Der Kurs wurde von Tobias Polka entwickelt und wird von ihm präsentiert. Was ändert sich für diese Unternehmen, die zu einer Verrechnungspreisdokumentation verpflichtet sind, aktuell?

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Die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation steigen

Im § 90 AO wurde der neue Absatz 4 ergänzt. Dieser besagt, dass die Finanzverwaltung die Verrechnungspreisdokumentation zu jeder Zeit anfordern kann. Im Praxisfall passiert dies bei Abgabe der Steuererklärung, so dass die Dokumentation nicht erst bei der Betriebsprüfung durchgeschaut wird. Die Abgabefrist wurde dabei halbiert – von 60 auf jetzt 30 Tage. Sollte die Dokumentation also gleich mit der Steuererklärung mitgeschickt werden? Ganz so proaktiv sieht Tobias Polka die Rolle der Unternehmen nicht. Es reicht, die Anforderung durch das Finanzamt abzuwarten. Allerdings sollte das Unternehmen die Dokumentation bereithalten und nicht erst mit ihr beginnen, wenn es zu spät ist. Sollte sie angefordert werden, handelt es sich um eine ganz normale Beleganforderung wie bei allen anderen Unterlagen auch.

Eine Änderung betrifft die Finanzierungstransaktionen, die jetzt konkretisiert wurden. Wird ein Darlehen an eine ausländische Tochter vergeben oder umgekehrt, so stellt sich die Frage: In welcher Form sind die Darlehen fremdüblich, in welcher nicht? Außerdem ist die bisher separate Funktionsverlagerungsverordnung in die Richtlinie mit aufgenommen worden. Gleichzeitig wurde sie in den Punkten Personalentsendung und Funktionsverlagerung/Funktionsverdopplung verschärft. Außerdem ist der Bereich Dokumentation betroffen, wenn bei einer Expansion Mensch und Material mitgebracht wird. Hier sind die Anforderungen nun ebenfalls höher.

Die Finanzverwaltung schaltet einen Gang höher

Verrechnungspreisdokumentationen sind seit 2003 Pflicht. Allerdings wurden in den ersten zehn Jahren fast ausschließlich große Unternehmen kontrolliert. Das bedeutet, dass in den meisten Betriebsprüfungen niemand nach der Dokumentation gefragt hat. Seit dem Ende der 2010er Jahre hat sich dieses Bild deutlich gewandelt. Die Kontrollen haben stark zugenommen.

Paul möchte wissen, wie es sich mit der Fremdüblichkeit verhält. In der Vergangenheit wurde nachträglich geschaut, ob die Zinssätze der betroffenen Jahre fremdüblich waren. Nun lautet die Empfehlung aber, dass die Verrechnungspreisdokumentation zusammen mit der Steuererklärung fertiggestellt sein soll. Wie wird die Fremdüblichkeit heute überprüft? Die sogenannten Benchmark Studies eignen sich nur für die Prüfung sehr standardisierter Routine-Transaktionen. Stattdessen gilt die Preisvergleichsmethode als die erste Wahl. Dabei wird am Markt nach ähnlichen Transaktionen fremder Dritter geschaut und die Konditionen miteinander verglichen. Aus der Praxis weiß Tobias zu berichten, dass diese Methode meist recht zuverlässig funktioniert. In den Verwaltungsgrundsätzen steht dazu, dass Steuerpflichtige ihr „ernsthaftes Bemühen“ nachweisen muss.

Bei Finanzierungen gab es in der Vergangenheit seitens Finanzverwaltung häufig die Auffassung, dass unbesicherte Darlehen immer zu einer fremdunüblichen Preisgestaltung führen. Begründung: Fremde Dritte würden niemals ein unbesichertes Darlehen geben. Der Markt zeigt jedoch, dass es durchaus solche Darlehen gibt. Nur spiegelt sich die Besicherung im Zinssatz wider. Besicherte Darlehen haben einen niedrigeren Zinssatz, was sich auf den Preis auswirkt. Hier haben sich die Behörden der Realität angepasst.

Den nächsten Themenblock bildet die Funktionsverlagerung. Beispiel: Eine deutsche Gesellschaft betreibt zwei, drei Tochterunternehmen im EU-Ausland. Alle anderen Länder werden vom deutschen Vertriebsteam mit Materialien beliefert. Nun beschließt die Gesellschaft, in einem weiteren Land den Vertrieb von vor Ort zu führen. In diesem Fall existiert im betroffenen Land bereits ein Kundenstamm. Wird dort eine Niederlassung gegründet, verlagert sich der Kundenstamm aus Deutschland in jenes Land. Ebenso findet wahrscheinlich auch noch eine Verlagerung von Know-how, Mitarbeitenden und mehr statt. Bisher existierte eine Bagatellgrenze. Wurde der Vertrieb aus Deutschland aufrechterhalten und nur geringfügig verringert, wurde dies als Funktionsverdopplung gewertet. Nun ist diese Bagatellgrenze abgeschafft worden. Wird etwas über die Grenze verlagert, gilt dies als Funktionsverlagerung.

Die Verwaltungsgrundsätze 23 gelten ab sofort. Das bedeutet, dass die Finanzverwaltung die aktuellen Grundsätze auf alle offenen Fälle anwendet. Das Opti.Tax-Modul Verrechnungspreisdokumentation enthält alle aktuell notwendigen Funktionen.