Wie hoch ist der manuelle Aufwand bei der Kundengewinnung? Lassen sich hierbei Prozesse automatisieren? Und wie gehen Softwarehersteller eigentlich mit neuen Ideen seitens der Kanzleien um?

Skalierbarkeit der Kanzleisoftware und Ideenmanagement – das waren die zwei großen Themenbereiche der letzten TaxTech-Runde um die Moderatoren Paul Liese von hsp und Philip Hellmig von kanzlei.land.

Steuerberatungskanzleien wünschen persönlichen Kontakt

Die Runde widmete sich zunächst dem Themenblock Skalierbarkeit – und damit auch verstärkt dessen Unterthemen Digitalisierung und Automatisierung. Zentrale Fragen waren, in welchem Maße die Softwarehersteller die Bereiche Onboarding und Prozesse bereits automatisiert haben. Schnell wurde klar: Im Gewinnen neuer Kunden ist Automatisierung kaum möglich. Manche Hersteller haben zwar Produktvideos, die die Software vorstellen; Kanzleien aber suchen immer den persönlichen Kontakt und möchten individuell beraten werden. Einzig das Versenden der Verträge lässt sich zum Beispiel per Adobe Sign komplett digitalisieren.

Gerade die Berufsgruppe der Steuerberater:innen scheint erfahrungsgemäß in ihren Gepflogenheiten eingerichtet und eher selten offen für Neues zu sein – auch, weil Steuerberater:innen mit ihrem Alltagsgeschehen in den Kanzleien voll ausgelastet sind und deshalb kaum Zeit bleibt, sich über Neuerungen Gedanken zu machen. Die Softwareanbieter waren sich deshalb einig, dass es eine Denkoffenheit seitens der Kanzleien braucht, um Arbeitsabläufe zu ändern und zu digitalisieren. Oftmals müssen Hersteller den Kanzleien erst verdeutlichen, dass durchaus ein Bedarf für Neuerungen besteht.

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Bei der Verfahrensdokumentation spüren Steuerberater:innen Veränderungsdruck

Einzig bei der Verfahrensdokumentation ist mittlerweile ein Wandel zu spüren: Da hier ein äußerer Druck gegeben ist – die Verfahrensdokumentation ist bei der Betriebsprüfung Pflicht –, möchten viele Kanzleien nun eine Softwarelösung nutzen, die das Erstellen der Verfahrensdokumentation erleichtert. Aus Seminaren bringen Steuerberater:innen viel theoretisches Wissen mit, können dies aber kaum umsetzen. Sie wünschen sich dann ein entsprechendes Coaching in der Verfahrensdokumentation und der passenden Software. Dies muss zwingend persönlich und individuell erfolgen, eine Automatisierung ist hier nicht möglich.

Der äußere Druck ist für das Einführen einer (neuen) Software offensichtlich entscheidend. In Österreich zum Beispiel ist der Konkurrenzdruck zwischen Steuerberater:innen deutlich höher. 80 Prozent der dortigen Kanzleien haben bereits auf digitale Abläufe umgestellt. In Deutschland hingegen sind es gerade einmal 20 Prozent. Die Branche, so Tenor in der Talkrunde, lässt derzeit viel Potenzial brachliegen. Das liegt zum einen am fehlenden Veränderungsdruck, zum anderen an der Sorge der Steuerberatungskanzleien, dass ihre Mitarbeiter:innen mit den Neuerungen nicht zurechtkommen könnten. Dabei bietet eine Software für das Erstellen der Verfahrensdokumentation viel Potenzial – für die Kanzlei und ihre Mandant:innen. Und: Sie ist mit der richtigen Unterstützung durch die Softwareanbieter auch für die Mitarbeiterschaft schnell handhabbar.

So können Nutzer neue Ideen einbringen

In Sachen Ideenmanagement war der Austausch rege, die Gesprächsteilnehmer verfahren hier recht unterschiedlich: Die einen setzen verstärkt auf ihre eigenen Mitarbeiter:innen als Ideengeber und fragen bei ihnen regelmäßig Ideen ab, die sie im Idealfall selbst umsetzen können. Das Gros hingegen bindet seine Kund:innen mit ein, bietet zum Beispiel über Feedback-Buttons direkt in der Software die Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge und neue Ideen einzubringen. Auch per Mail kommen bei den Herstellern regelmäßig Rückmeldungen und Ideen an. Manko: Oftmals bricht die Kommunikation zum Ideengeber aber ab, gerade bei kleineren Verbesserungen.

Bei hsp erfolgt das Ideenmanagement sehr transparent: Durch die Einbindung in die Community können alle Nutzer:innen einen Vorschlag einbringen, der dann für alle anderen sichtbar ist. Jede Idee kann gevotet werden – spätestens bei zehn „Daumen hoch“ setzt hsp den Vorschlag um. Dass und auch wie die Idee umgesetzt wird, wird wiederum kommuniziert.

Eine interessante Herangehensweise kam in der Runde besonders gut an, nämlich den Ideengeber zu fragen, was er bereit sei, für die Umsetzung zu zahlen. Dabei steht gar nicht mal das Erstellen einer tatsächlichen Rechnung im Vordergrund; vielmehr lässt sich so herausfinden, wie wichtig dem Ansprechpartner die Umsetzung seiner Idee ist.